Gebet Eduard Mörike
Herr ! Schicke was Du willst,
ein Liebes oder Leides;
ich bin vergnügt, dass beides
aus Deinen Händen quillt.
Wollest mit Freuden
wollest mit Leiden
mich nicht überschütten !
Doch in der Mitten
liegt holdes Bescheiden.
Kann auch ein Mensch des andern
auf der Erde ganz wie er möchte, sein?
- In langer Nacht bedacht ich mir`s
und musste sagen, nein !
So kann ich niemals heißen auf der Erde,
Und niemand wäre mein?
- Aus Finsternissen hell in mir aufzückt
ein Freudenschein:
Sollt ich mit Gott nicht können sein,
so wie ich möchte, Mein und Dein?
Was hielte mich, dass ichs nicht heute werde?
Ein süßes Schrecken geht durch mein Gebein !
Mich wundert, dass es mir ein Wunder wollte sein,
Gott selbst zu eigen haben auf der Erde !