Angegriffen zu werden ist das Los eines jeden, der den Weg der Nachfolge Jesu geht.
Selbst wenn man noch gar nicht begriffen hat, dass es dieser Weg ist, den man betreten hat, - wenn man ihn noch für einen Weg der Bewusstseinsentwicklung, oder der natürlichen geistigen Reifung hält - wird man Angriffen ausgesetzt sein, sobald man auch nur einen einzigen Schritt tut, die im > Eins-Sein-in Gott < ihr Ziel hat.
Muss das sein?
Ja es ist gut so.
Man könnte natürlich auch mit Gott hadern und sagen: > da sieht man`s ja, dass alle Frömmigkeit nur Unfug und Selbsttäuschung ist: Kaum hat man etwas Gutes getan, schon wird man dafür bestraft <.
Wer sucht, findet aber einen sehr tiefen Sinn in solchen Angriffen. Und damit auch nahe oder ferne Freunde diesen Angriffen in Zukunft besser gewachsen sind, möchte ich ein paar Worte darüber schreiben.
Der Kummer, der nicht spricht,
nagt leise an den Herzen bis es bricht.
William Shakespeare
Ein jeder hat sein eigne Art, glücklich zu sein
und niemand darf verlangen, dass man es in der seinigen sein soll.
Heinrich von Kleist.
Unser menschliches Dasein ist vergleichbar mit einem Weg, der vom niederen, tierischen Bewusstsein zum höheren, göttlich - vollkommenen Bewusstsein führt. Auf diesem Weg haben wir viel zu lernen. Der Lernprozess hört nie auf. Und das lebendige Lernen, das zur Lebenserfahrung führt, ist immer ein Tun.
Unsere eigenen Taten und alle ihre Folgen, ihre Konsequenten und Wirkungen, sie sind der Lehrstoff, den wir uns einprägen und der unsere Lebenserfahrung ausmacht. Die Seele eines Menschen ist geprägt durch seine Werke, durch seine Worten und Taten, - durch seine Vergangenheit.
Nun folgt in jeder Schule dem eigentlichen >Lernschritt < eine Prüfung nach. Immer dann, wenn man wieder etwas dazugelernt hat, muss man es auch unter Beweis stellen. In den Prüfungen bringt man sich selbst zu Bewusstsein, was man gelernt hat und wie gut das Gelernte <sitzt< . Nur dazu stellt der Lehrer jene meist heikle Fragen, über denen man oft genug geschwitzt hat und auch heute noch schwitzt.
Den größten Fehler, den man im Leben machen kann, ist,
immer Angst zu haben, einen Fehler zu machen.
Dietrich Bonhoeffer
Die goldene Zeit der Geistlichkeit
fiel immer in die Gefangenschaft des menschlichen Geistes.
Friedrich Schiller
Im praktischen Leben ist eine jede gute Tat ein solcher Lernschritt, der mich dem göttlich - vollkommenen Bewusstsein näher bringt. Ich habe meiner Seele damit etwas eingeprägt, was dem Wesen Gottes entspricht. Es ist zum Bestandteil meiner inneren Welt, die wir > Unterbewusstsein < nennen, geworden.
Genügt das?
Ich meine, dass der > Stoff <, den wir auf diese Weise gelernt und unserer Lebenserfahrung hinzugefügt haben, nicht nur im Unterbewusstsein haften bleiben, sondern auch bewusst gemacht werden sollte. Und dies, genau dies geschieht durch alle die Angriffe, die einer jeden guten Tat folgen !
Wie das?
Wenn wir etwas Gutes tun, dann geschieht das oft oder meist ganz spontan, ungeplant, einer Intuition folgend und ohne > dass die linke weiß, was die rechte Hand tut <. Man tut das einfach und freut sich dabei. Nur wer in die tieferen Schichten des Geschehens Einblick hat, erkennt die Mitwirkung und Planung jener geistigen Welt, die man früher > Schutzengel < oder > Führungsgeister des Menschen < nannte.
Das Motiv einer guten Handlung ist manchmal nichts anderes,
als zu rechten Zeit eingetretene Reue.
von Ebner Eschenbach
Aber dann folgt der Angriff von außen. Irgend ein Mensch ist mit diesem Tun nicht einverstanden. Es passt einfach nicht in sein Konzept und wirft seine (allzu menschlichen) Vorstellungen restlos über den Haufen. Klar, - ein Schritt, der mich Gott näher bringt, muss ja irgendwo die egoistisch - luziferischen Pläne und Vorstellungen stören, also muss sich einer darüber aufregen; also muss eine Art Angriff folgen.
Doch was erreicht dieser Angriff?
Wenn ich richtig reagiere und meine Lektion gut gelernt habe, dann erreicht er nur dies: Dass ich mir über mein Tun und Lassen nun Gedanken mache. Es kommt mir zum Bewusstsein. Ich weiß dann, was ich getan habe ; - nicht ICH, sondern > der Vater in mir <, allerdings. Alles Gute, das ich tue, ist SEIN Werk an mir, in mir und durch mich.
Ich erkenne das nun und kann IHM von Herzen dankbar sein, kann IHN loben und preisen, kann mich freuen über SEIN Tun. Das ist der Sinn aller Angriffe ! Ich soll SEIN Tun in meinem Leben entdecken, um es mir und anderen bewusst zu machen.
Die Wahrheit kann erst wirken,
wenn der Empfänger für sie reif ist.
Christian Morgenstern
Es gibt aber auch die Möglichkeit, falsch zu reagieren auf einen solchen Angriff.
Ein jeder Mensch ist frei, und mit seinem freien Willen kann er entweder Liebe zu Gott, seinem Vater und Schöpfer, zum Ausdruck bringen, oder Eigenliebe, Egozentrik und luziferische Bindungen. Das letztere sieht dann so aus:
Man ist tief gekränkt und verletzt. Der Stolz rebelliert, der Hochmut kann solche Demütigung nicht hinnehmen. Der Angegriffene ist einem Nervenzusammenbruch nahe. Wenn er jetzt alle Reserven mobilisiert und zu einem > vernichtenden Gegenschlag < ausholt, hat die Hölle ihr Spiel (in dieser Runde) gewonnen. Aus der Empörung des Angegriffenen entstehen so viele Lieblosigkeiten und luziferische Prägungen in der Seele , dass die ursprüngliche > gute Tat < darunter erstickt.
Wo Dankbarkeit die Seele zum Leuchten bringen sollte, wird sie nun vom Ärger zerfressen.
Gott sieht, was hinter den Mienen lebt, hinter der Gebärde,
hinter dem Ausdruck der Gestalt .
Der Wille, der sie beherrscht, mag noch so stark,
ihr Spiel noch so täuschend sein; der ganze Trug der Natur selbst
mag in ihnen walten: für Gott sind sie offen bis in den letzten Rest
Romano Guardini
Viele wollen fromm sein,
wenige demütig.
Francois de la Rochefoucauld
Schade. Die Lektion muss wiederholt werden.
Aber wie antwortet man nun - ganz praktisch - auf einen Brief oder einen Wortschwall, mit dem man ganz massiv angegriffen wird?
Zum Beispiel so:
Ganz herzlichen Dank für diese Worte. Ich habe erkannt und halte daran fest, dass a l l e s, was mir im Leben begegnet, von Gott kommt, der mich liebt.
Und was von IHM kommt, verdient meine Dankbarkeit, - ob es nun süß oder bitter schmeckt. Ich halte mich an die Verheißung, dass denen, die Gott lieben, a l l e Dinge zum Besten dienen. Und deshalb habe ich Grund, von Herzen mich bei ihnen zu bedanken.
Ich könnte mich aber auch angegriffen fühlen. Ihre Worte könnten wie Keulenschläge wirken. War das beabsichtigt? Wollten sie mich damit treffen und verletzen, - oder wenigstens ändern? Oder verstehe ich das alles falsch? Sonderbar, dass ich mich eigentlich nicht getroffen fühle. Mein Herz ist noch immer erfüllt von der Liebe Jesu Christi. Ich fühle mich geborgen, und ihre Worte beglücken mich. Ich möchte mein Glück mit einem jeden teilen, dem ich begegne, und gar nichts anderes mehr tun als nur dies: Beglücken; Gottes Liebe austeilen; Worte weitergeben, die trösten, wohltun, ermuntern und stärken.
Die Seele ist die Herrin, das Fleisch ist die Magd,
denn dadurch, dass die Seele ihrem Leib das Leben mitteilt,
hat sie ihn in der Gewalt, und der Leib gibt sich im Empfangen der Seele hin.
Hildegard von Bingen
Beim ersten Licht der Sonne heute sei gesegnet ! Wenn der lange Tag vergangen ist - sei gesegnet !
In deinem Lächeln und in deinem Tränen - sei gesegnet ! An jedem Tag deines Lebens - sei gesegnet !
Darf ich das versuchen?
Oder sollte ich lieber mit gleicher Münze heimzahlen?
Ich weiß, dass meine Gedanken geistige Kräfte sind. Wenn ich nur das Gute in einem Menschen suche und finde, dann hilft die Kraft meiner Gedanken diesem Menschen, das Gute zu tun.
Wenn ich aber das Böse an einem Menschen suche und finde (wer sucht, der findet,- und zwar immer) dann unterstützen meine Gedanken das Böse. In der für die meisten Menschen unsichtbare Welt der Seele schaffen meine Gedanken eine Verbindung zwischen den Mächten des Bösen und ihrer Seele, wenn ich das Böse von ihnen denke, spreche, und schreibe. Ich bin ein Kind Gottes, und was ich sage, das erschaffe ich in der geistigen Welt, in der unsere Seelen leben.
Ich muss Gott Rechenschaft geben über alle meine Worte. Meine Worte können eine Seele erheben und beglücken. - aber auch niederschmettern, verletzten und in die Irre führen. Ich weiß das.
Wer die macht der Worte nicht kennt,
kann auch die Menschen nicht kennen.
Wenn Worte ihre Bedeutung verlieren,
verlieren Menschen ihre Freiheit.
Konfuzius
Was soll ich also tun?
Dies: Selbst wenn man mich angreift und reizt bis aufs Blut, möge Gott mir immer Kraft geben, die ich brauche, um nichts als allein liebevolle Gedanken und Worte zu erwidern. Mit gleicher Münze heimzahlen, das fällt jedem leicht; auch mir. Nur Gutes zu erwidern, das ist viel schwerer. Es verlangt, Selbstüberwindung.
Ich will mich also nicht verteidigen. Sicher habe ich gute und auch unvollkommene Seiten. Meinen Lohn und meine Strafe wird mein Vater im Himmel mir zumessen. Aber nicht nur mir, sondern einem jeden. Davon bin ich überzeugt.
( Friedrich Schiller: "Bereitet oder nicht zu geh`n - du musst vor deinem Richter steh`n" )
Ich habe dabei aber nichts mehr mitzumischen. Ich fühle keinen Auftrag in mir, einem anderen Menschen klar zu machen, dass er einen Splitter im Auge hat. Wer das tut, muss - wie bei allem - damit rechnen, dass er erntet, was er gesät hat. Ich möchte damit aufhören. Und ich freue mich darüber, aufhören zu können mit jenem endlosen Spiel, bei dem ein Wort das andere gibt und eine Lieblosigkeit die nächste.
Kluge Rede, der nicht Tat folgt, wird dir ohne Früchte darben,
ist wie eine Wunderblume, ohne Duft, nur reich an Farben.
Buddha
Rede zu uns HERR, wir möchten hören, lass nicht zu, dass dein Wort dadurch zum Gericht wird,
das wir es hören, aber nicht tun; dass wir es kennen, aber nicht lieben;
dass wir es glauben, aber ihm nicht gehorchen.
Thomas von Kempen
Die sogenannten > Sachfragen < sind immer nur ein Vorwand; man kann mit ihm alles erreichen, denn es gibt immer Argumente pro und kontra.
Wenn man einen Menschen liebt, sucht man die Argument pro; wenn man ihn hasst, sucht man das, was gegen ihn spricht, und hält es dann ihm und anderen vor. Ich mache da nicht mehr mit, sondern freue mich von ganzem Herzen darüber, etwas tun zu können, was mir und auch ihnen hilft: Diese Zusammenhänge nun zu erkennen und zu beschreiben. Dazu haben mir ihre Worte geholfen, und deshalb haben sie mich beglückt.
Deshalb habe ich einen guten Grund, mich von Herzen bei ihnen zu bedanken. Und ich hoffe, dass unsere Verbindung erhalten bleibt und immer fruchtbar ist. Sie haben mir sehr viel geholfen! Danke! Um mich aber nun nicht über sie zu erheben, darf ich versichern, dass ich es bis vor kurzem ebenso gemacht habe, wie sie.
Ihre Worte haben mich, - vielleicht ungewollt - kuriert. Und nochmals: Danke!